Mit Mitarbeiterbeteiligungen schaffen besonders Start-Ups attraktive Anreize für Arbeitnehmer in Schlüsselpositionen, das Unternehmen nicht frühzeitig zu verlassen. Gleichzeitig sind ESOPs und VSOPs (echte und virtuelle Beteiligungen) ein probates Mittel für die Steigerung der Motivation und Bindung an den Arbeitgeber. Damit sie ihre Wirkung aber tatsächlich entfalten können, spielen Cliff- und Vesting-Zeitraum wichtige Rollen.
Cliff, zu Deutsch „Klippe“, bezeichnet gewissermaßen eine „magische Schwelle“, die der Arbeitnehmer überschreiten muss, um überhaupt Anteile an der Gesellschaft zu erhalten. In der VSOP-Vereinbarung wird beispielsweise festgelegt, dass der Mitarbeiter über fünf Jahre verteilt je ein Prozent am Stammkapital virtuell gutgeschrieben bekommt. Nach einem Jahr steht ihm das erste Prozent zu, nach dem zweiten Jahr das zweite und so weiter.
Wird in diesem Beispiel nun festgelegt, dass der Cliff-Zeitraum zwei Jahre dauert, erwirbt der Arbeitnehmer erst nach einer Betriebszugehörigkeit von zwei Jahren überhaupt das Recht auf Anteilserwerb. Scheidet er nach einem Jahr und sechs Monaten aus, stehen ihm keine Anteile zu – denn er hat die vereinbarte Schwelle nicht überschritten, auch wenn er rechnerisch bereits zu einem Prozent beteiligt sein könnte.
Erreicht der Mitarbeiter aber das Cliff, bekommt er nach zwei Jahren direkt zwei Prozent als Mitarbeiterbeteiligung. Scheidet er nun aus dem Unternehmen aus (ohne dass ein sog. Bad Leaver vorliegt), behält er grundsätzlich diese Anteile.
Durch die Vertragsfreiheit sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer recht flexibel (Ausnahmen gelten in den Fällen einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, § 307 BGB, der VSOP-Bestimmungen vor Gericht), was die Vereinbarung des Cliff-Zeitraums angeht. So ist es etwa auch möglich, dass bereits nach dem ersten Jahr ein Prozent der Anteile übertragen wird. Diese sind dann an die Gründer bzw. Gesellschafter zurückzugeben, wenn der Zeitpunkt des Ausscheidens vor Erreichen der Zwei-Jahres-Schwelle liegt.
Außerdem lässt sich konkret regeln, aus welchen sonstigen Gründen Anteile ganz oder teilweise zurückzuübertragen sind. Beispiele für sogenannte „Bad Leaver“-Fälle sind:
Eine Reduzierung der Arbeitszeit (Teilzeitbeschäftigung) darf nicht alleine der Grund für eine Rückübertragung von Anteilen sein, wenn der Arbeitnehmer in der Zeit der Anspruchsentstehung vollzeitbeschäftigt war. Denn die erhaltenen Anteile sind bereits „erdient“ und eine nachträgliche Kürzung würde ggf. eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der erwähnten AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB darstellen.
Möglich ist allerdings, zukünftige Anteilserwerbe von der Teil- bzw. Vollzeitbeschäftigung abhängig zu machen. In der ESOP- oder VSOP-Vereinbarung können die Vertragsparteien etwa bestimmen, dass sich der Cliff-Zeitraum bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um 50 Prozent entsprechend verlängert.
Beispiel: Das Cliff wird nach zwei Jahren in Vollzeit erreicht. Nun reduziert der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit nach dem ersten Jahr um 50 Prozent. Die Hälfte des Cliff-Zeitraums ist bereits erreicht, für die andere Hälfte benötigt er nun allerdings zwei Jahre, da er nur noch die Hälfte der Arbeitsleistung erbringt. Alternativ bleibt der Cliff-Zeitraum gleich, der Mitarbeiter bekommt aber nur die Hälfte der Anteile gutgeschrieben. Rechnerisch wurden nach zwei Jahren dann 1,5 Jahre Vollzeit gearbeitet, wodurch der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer statt zwei nur 1,5 Prozent überträgt.
Diese Phase schließt sich unmittelbar an den Cliff-Zeitraum an oder überschneidet sich in den ersten Jahren mit diesem. Zur besseren Veranschaulichung hierzu ein etwas ausführlicheres Beispiel.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einen Cliff-Zeitraum von einem und einen Vesting-Zeitraum von fünf Jahren. Jedes Jahr soll der Arbeitnehmer die Option haben, ein weiteres Prozent der Firmenanteile, maximal aber fünf Prozent, zu erwerben:
Üblicherweise werden ESOPs und VSOPs als Optionsmodelle gestaltet. Der Arbeitnehmer kann selbst entscheiden, wann er die Option ausübt, also die Anteile kauft. Alternativ kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Aktien unmittelbar übertragen.
Der Vesting-Zeitraum besteht also aus mehreren Schwellen, die der Arbeitnehmer überschreiten muss, um nach dem Cliff weitere Beteiligungen zu erhalten. Ist der Vesting-Zeitraum abgelaufen, hat der Mitarbeiter also das Maximum der vereinbarten Anteile bzw. die Optionen darauf erhalten, spielt der weitere Verbleib im Unternehmen keine Rolle mehr.
Mitarbeiterbeteiligungen, genauer die zugrunde liegenden ESOP- oder VSOP-Vereinbarungen, können ihre Wirkung nur entfalten, wenn sich beide Seiten über die konkreten Konditionen Gedanken gemacht haben. Da Cliff und Vesting Schlüsselelemente bei jeder Beteiligung sind, sollte hier der Fokus liegen.
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