Mitarbeiterbeteiligungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter direkt oder indirekt am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Die Mitarbeiter erhalten durch die Beteiligung eine direkte Gegenleistung und finanzielle Anerkennung für ihre eigene (Mehr-)Leistung. Arbeitgeber profitieren von einer höheren Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Sowohl zivilrechtlich als auch steuerlich ist jedoch zwischen echten und virtuellen Beteiligungen (ESOP und VSOP) zu unterscheiden.
Die echte Mitarbeiterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mitarbeiter Gesellschafter des Unternehmens wird. Er erhält also entsprechende Anteile - in der Regel an einer GmbH - durch notariellen Vertrag verbilligt oder unentgeltlich übertragen. Größere Unternehmen, die als Aktiengesellschaften firmieren, können die Anteile auch direkt in ein bestehendes oder neu einzurichtendes Wertpapierdepot des Arbeitnehmers übertragen. Rechtsgrundlage ist eine ESOP-Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie sieht zwei Zeiträume vor, die für die Übertragung von besonderer Bedeutung sind:
Praxisbeispiel: Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Arbeitnehmer eine Vesting-Periode von einem Jahr. In den ersten vier Jahren der Betriebszugehörigkeit (Cliff-Periode) erhält der Arbeitnehmer jeweils ein Prozent der Unternehmensanteile.
Lösung: Nach dem ersten Jahr erhält der Arbeitnehmer das erste Prozent, nach dem zweiten Jahr das zweite Prozent usw. Scheidet er nach dem dritten Jahr aus, stehen ihm drei Prozent des Stammkapitals zu.
Variante: Der Mitarbeiter verlässt das Unternehmen bereits nach neun Monaten. Da das Cliff nicht erreicht wurde, hat er auch keinen Anspruch auf einen Anteil.
Aus Anteilen an Kapitalgesellschaften fließen Gewinnausschüttungen und andere Erträge zu. Diese unterliegen beim Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Kapitalertragsteuer. Sie beträgt 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer (§ 32d Abs. 1 EStG).
Stellt der Arbeitnehmer einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG, kann auch ein geringerer Steuersatz als 25 Prozent festgesetzt werden. Der sog. Abgeltungssteuersatz stellt somit nur eine Obergrenze, nicht aber eine Untergrenze dar.
Entscheidet sich der Arbeitnehmer für die Veräußerung seiner Anteile, fallen die Veräußerungsgewinne unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Sie werden wie laufende Gewinnausschüttungen besteuert, unterliegen also regelmäßig einem Steuersatz von 26,375 Prozent. Der Gewinn wird gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG durch Abzug der Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös ermittelt.
Sowohl bei laufenden Gewinnen (§ 20 Abs. 1 EStG) als auch bei Veräußerungsgewinnen (§ 20 Abs. 2 EStG) ist der Abzug des Sparer-Pauschbetrags möglich. Dieser beträgt ab Anfang 2023 für Ledige 1.000 Euro und bei Zusammenveranlagung 2.000 Euro (§ 20 Abs. 9 EStG).
Handelt es sich bei der veräußerten Beteiligung um eine Beteiligung von mehr als einem Prozent am Grund- oder Stammkapital, fällt der Gewinn unter § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG. Die Beteiligungsgrenze von einem Prozent muss in den letzten fünf Jahren vor der Veräußerung mindestens einmal erreicht oder überschritten worden sein. Der Gewinn wird nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ebenfalls durch Abzug der Anschaffungskosten vom Veräußerungspreis und etwaiger Veräußerungskosten (insbesondere für den Notarvertrag) ermittelt.
Nach § 3 Nr. 40 Buchstabe d EStG sind Veräußerungsgewinne im Sinne des § 17 EStG nur zu 60 Prozent steuerpflichtig. Auf diese 60 Prozent ist dann der individuelle Einkommensteuersatz von bis zu 45 Prozent anzuwenden. Darüber hinaus können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Freibetrag von bis zu 9.060 Euro in Anspruch nehmen (§ 17 Abs. 3 EStG).
Nahezu alle ESOP-Vereinbarungen sehen vor, dass die Arbeitnehmer die jeweilige Beteiligung unentgeltlich oder verbilligt erwerben können. Dies führt jedoch zu einem geldwerten Vorteil i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, da der Arbeitnehmer die jeweilige Beteiligung unter dem gemeinen Wert (Verkehrswert) erwerben kann. Ein solcher geldwerter Vorteil unterliegt der Lohnsteuer.
Das Problem: Der Arbeitnehmer muss einen Geldbetrag versteuern, den er gar nicht in bar erhalten hat. Je nach Unternehmenswert kommen da schnell mehrere zehn- oder gar hunderttausend Euro zusammen, was bei bis zu 45 Prozent Einkommensteuer zu einer immensen Nachzahlung führt. Dies ist die sogenannte „Dry-Income-Problematik“.
Mit § 19a EStG hat der Gesetzgeber versucht, den Wettbewerbsnachteil, den Deutschland durch die Regelung des § 8 Abs. 2 EStG gegenüber anderen Staaten wie den USA hat, auszugleichen. Drei Probleme bleiben jedoch bestehen:
Eine weitere Steuerbefreiung sieht § 3 Nr. 39 EStG vor. Nach dieser Norm ist ein geldwerter Vorteil aus der Übertragung von Arbeitnehmerfreistellungen steuerfrei, wenn und soweit
Kommt es aufgrund der Regelungen des § 19a EStG zu einer Nachversteuerung, wird der Freibetrag im jeweiligen Zuflussjahr (§ 11 Abs. 1 EStG) vom steuerpflichtigen Sachbezug abgezogen. Freibeträge aus Vorjahren, die mangels Anteilsübertragung nicht genutzt werden konnten, gehen jedoch verloren.
Gerade durch die Notwendigkeit notariell beurkundeter Verträge verursacht eine echte Mitarbeiterbeteiligung schnell einen erheblichen Kosten- und Verwaltungsaufwand. Der Nutzen steht für beide Seiten - Arbeitnehmer und Arbeitgeber - oft in keinem vernünftigen Verhältnis. Eine optimale Alternative kann daher die virtuelle Mitarbeiterbeteiligung sein, die so genannte VSOP-Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Unterschied zur „echten“ Beteiligung besteht darin, dass der Arbeitnehmer nicht Gesellschafter des Unternehmens wird, sondern durch vertragliche Vereinbarungen monetär so gestellt wird, als wäre er direkt beteiligt. Er hat also keine Gesellschafterrechte (insbesondere kein Stimmrecht). Er erhält aber „Gewinnausschüttungen“ und eventuelle Exit-Erlöse wie ein gesellschaftsrechtlich Beteiligter.
Beispiel: Sie schließen mit Ihrem Mitarbeiter eine VSOP-Vereinbarung ab. Nach fünf Jahren Betriebszugehörigkeit stehen ihm fünf Prozent der Anteile als virtuelle Beteiligung zu. Beschließen die Gesellschafter nun eine Ausschüttung von 1.000.000 Euro, erhält der Mitarbeiter 50.000 Euro.
Sämtliche Regelungen für echte Beteiligungen (insbesondere §§ 17, 19a, 20 EStG) finden keine Anwendung. Virtuelle Gewinnausschüttungen sind auf Ebene der Gesellschaft abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG). Beim Arbeitnehmer liegt Arbeitslohn vor, der gemäß §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 1 EStG bei Zufluss zu versteuern ist.
VSOPs erfordern lediglich einen Vertrag mit dem Arbeitnehmer, alle gesellschaftsrechtlichen Vorgänge entfallen. Die VSOP-Vereinbarung stellt eine Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag dar, so dass die „Ausschüttungen“ selbst mit reinen Boni vergleichbar sind. Die „echten Anteile“ an der Kapitalgesellschaft verbleiben bei den bisherigen Anteilseignern.
Eine virtuelle Beteiligung bietet daher in der Regel folgende Vorteile:
Die Gewinne, die sich aus einem VSOP ergeben, finden sich auf der Gehaltsabrechnung wieder. Es gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG. Maßgeblich für die Bilanzierung (§ 7 Abs. 4 Satz 1 KStG) ist die Entstehung des Anspruchs. Zu diesem Zeitpunkt kann der Arbeitgeber den Betriebsausgabenabzug geltend machen. Beim Arbeitnehmer kommt es auf den Eingang der Ausschüttung auf dem Konto an.
Danach versteuern die Begünstigten ihre VSOP-Einnahmen im Rahmen ihrer normalen Einkommensteuerveranlagung.
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